Wie viele Freunde hast du auf Facebook? Wie viele Follower auf Instagram? Und mit wem von all diesen Leuten kannst du dich spontan auf einen Kaffee treffen und ein Problem besprechen? Wer ist wirklich da, wenn es dir so richtig schlecht geht?
In Zeiten von Social Media scheinen Freundschaften an Bedeutung zu verlieren. Da zählen die virtuellen Likes und nicht, wer einen Menschen wirklich mag. Traurig, denn wahre Freundschaft ist etwas sehr Schönes. Sich viel draußen zu bewegen, in Künstler- und Musiker-Kreisen, in Vereinen und auf Veranstaltungen, bringt oft neue Bekanntschaften mit sich. Ein paar Tage später läuft man sich wieder über den Weg, hat man doch offensichtlich gleiche Interessen. Ein freundliches Gespräch, ein Austausch der Telefonnummern und ein höfliches: „Hoffentlich sehen wir uns bald wieder“. Und dann? Die Chance, dass hier eine wirkliche Freundschaft entsteht, ist in seltenen Fällen gegeben. Doch zu differenzieren, ob man eine neue Bekanntschaft oder eine neue Freundschaft geschlossen hat, fällt den Wenigsten ein. Ein großer Freundeskreis zeigt nach außen doch schließlich, wie unglaublich beliebt man ist, wie kontaktfreudig und kommunikativ man anderen gegenübertritt.
Und wie das Leben so spielt, erlebt man plötzlich einen herben Rückschlag. Der Job ist weg, eine Krankheit wird diagnostiziert oder ein geliebtes Familienmitglied ist verstorben. Wer ist jetzt da? Die zehn Leute, die man letztens auf einem Konzert kennengelernt hat? Eher nicht. Es sind die einzelnen Personen, die man überraschend und ganz ohne Zwang getroffen und kennengelernt hat. Es ist der einzige Arbeitskollege, mit dem man seit dem Jobwechsel noch in Kontakt steht, der sich einfach auch mal von ganz allein meldet, um nachzuhören, wie das Befinden so ist. Es ist die Freundin, die du nicht jeden Abend treffen kannst, weil ihr beide viel arbeitet, 100 Kilometer auseinander wohnt und eure Prioritäten einfach nicht immer beim „Rumhängen“ liegen. Wahre Freundschaft ist selten und liegt nicht in der Masse. Manchmal ändern sich Lebensumstände, Ansichten, Prioritäten. Insbesondere, je älter man wird.
Freundschaft mit 30 vs. Freundschaft mit 20
Die American Psychological Association hat 2016 eine Studie veröffentlicht, in der es genau darum ging, wie sich Freundschaften im Alter verändern. 20-Jährige umgeben sich demnach mit vielen Menschen, beeinflussen dadurch ihre Persönlichkeiten und Erwartungen an Beziehungen. Klar! Man ist auf der Suche nach sich selbst, seinen Interessen, den Attributen, die einen für lange Zeit zu der Person machen, die man ist. Und zehn Jahre später haben wir genug. Wir haben keine Lust, Kraft, Motivation oder wie man es auch nennen möchte, um den Kontakt zu allen Bekannten zu halten. Wir sortieren aus. Gewiss passiert das längst nicht bei allen. Viele Menschen sind auch mit 30 Jahren noch auf der Suche nach sich selbst, möchten nicht älter und reifer werden und sich einfach nicht mit der Weiterentwicklung der Persönlichkeit beschäftigen.
Meine Zeit für die richtigen Menschen nutzen
Auch ich hatte eines Tages genug. Rechtfertigungen, warum ich nicht noch bis morgens um 3 Uhr im Park saß, um Musik zu machen, musste ich niemandem geben. Ich fragte Bekannte danach, sich abends zu treffen, gemütlich beisammenzusitzen und zu quatschen. Um 23 Uhr hätten sie Zeit, sie müssten vorher noch schlafen. Und dann hörte ich auf, nach abendlichen Unternehmungen zu fragen. Um 23 Uhr würde ich nach Hause fahren und nicht das Haus verlassen. Schließlich traf ich die Entscheidung, nur noch Leute in meinem Leben haben zu wollen, die auch wirklich ein Teil davon sein wollten. Ich löschte viele Bekannte von der Liste, löschte schließlich mein Facebook-Profil und erstellte ein neues, räumte mein Telefonbuch auf und reduzierte meinen Kontakt auf Freunde, nicht länger auf jahrelange Bekannte. Und es geht mir damit großartig. Es kommt wirklich nicht darauf an, sagen zu können, wie viele Personen man aus welcher Bar kennt. Es kommt auf die Qualität der Beziehungen zu Menschen an. Freunde sind etwas Einzigartiges und die Bezeichnung „Freund“ sollte nicht leichtfertig jede Person beschreiben, die zwar ständig um dich herumschwirrt, aber im entscheidenden Moment niemals für dich da wäre.